4 Jahre "Insomnia" - Ein erfahrungsbericht in 4 Teilen
Teil 4: Ende gut, alles gut?
Schliesslich war die Zeit gekommen, mich beruflich neu zu orientieren, und so lehnte ich meinerseits eine weitere Vertragsverlängerung ab. Irgendwie hatte meine Seele schon recht, dass sie nicht mehr am richtigen Ort war. Ich war nun bereit, auf sie zu hören und verliess mein bisheriges Berufsfeld, ohne zu wissen, wo es für mich weitergehen würde. Die offene Strömung würde mich an ein neues Ufer führen, auch wenn dieses noch nicht in Sicht war.
Parallel dazu nahm ich meine therapeutische Reise wieder auf. Denn: Ich probierte zwar sämtliche verfügbaren Schlafmittel aus, von diversen pflanzlichen Helfern (spagyrische Schlafsprays, anyone?), über frei verkäufliche Schlafmittel und Nahrungsergänzungsmittel, bis hin zu Drogen und rezeptpflichtigen Medikamenten. Das Ding war: Nichts half. Selbst auf die verschriebenen Schlafmedikamente reagierte ich nach kurzer Zeit nicht mehr.
Heute weiss ich: Das war gleichzeitig Fluch und Segen. Denn nur auf diese Weise konnte ich mich auf den Weg machen, die wirkliche Ursache meiner Schlaflosigkeit zu finden. Dieser Weg war äusserst lang und gewunden, oftmals hatte ich das Gefühl, den Hang runterzufallen und erneut dieselbe Runde gehen zu müssen, noch weiter vom Ziel entfernt als je zuvor. Die Sicht war schlecht, der Untergrund holprig, ich war weite Strecken alleine unterwegs.
Und doch sammelte ich auf dieser Reise äusserst wertvolle Erkenntnisse und tiefe Einsichten, und grub mich Schicht für Schicht zu meinem Innersten vor. Was ich schliesslich entdeckte, war ein grundlegendes Thema: Ich hatte kein Vertrauen. Weder in mich. Noch ins Leben.
Da war ich erst mal baff. Solche Geschichten sind nicht mit ein paar Sitzungen aus dem Weg geräumt. Sie geben einem Futter. Beschäftigen und begleiten einen für lange Zeit. Und ihre Bearbeitung bewirkt eine echte Veränderung.
Schritt für Schritt hangelte ich mich aus dem tiefen Loch, in das ich geraten war. Kombinierte die Hilfe externer Therapeut:innen mit meinen eigenen energetischen Methoden und vertiefte dabei die Verbindung zu meiner eigenen inneren Weisheit und Intuition. Daraus entwickelte sich eine ganz neue Denk- und Lebensweise. Dieser neue Blick auf die Dinge ermöglichte mir eine noch nie dagewesene Lebensqualität.
Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich schon länger keine «Zombie-Nacht» - mein Ausdruck für eine komplett schlaflose Nacht – mehr hatte. Ich schlief zwar nach wie vor öfters schlecht, aber spätestens um 3 Uhr klappte es mit dem Einschlafen. Jede Nacht.
Und dann kam, leise und unerwartet, der grosse Moment: Ich wachte auf und realisierte, dass ich am Vortag vollkommen vergessen hatte mich ums Schlafen zu sorgen. Ich konnte es kaum fassen: Der Gedanke war einfach aus meinem System verschwunden. Weg war er!
Einige Tage beäugte ich diese Tatsache skeptisch. Zu oft war ich nach ersten Therapieerfolgen optimistisch, um kurz darauf festzustellen, dass der Effekt nicht nachhaltig wirkte. Ich wartete ab.
Es blieb dabei. Ich wusste, dass ich schlafen konnte. Es war selbstverständlich. Es war gar keine Frage. Hier war er also, mein Glaube - ich hatte ihn zurück.
Oft werde ich gefragt: Was hat denn letztendlich zur Heilung geführt? Aber da gab es nicht die eine Methode oder die eine Erkenntnis. Es waren viele kleine Schritte, die zum Ziel geführt haben.
Manchmal holt mich die Schlaflosigkeit noch heute ein. Mein System greift bei Stress gelegentlich auf die alte, automatisierte Reaktionsweise zurück, zweigt quasi an der falschen synaptischen Autobahn ab und nimmt folgende Ausfahrt: Eine Copingstrategie muss her! Ich wühl mal in meiner Schublade. Was find ich da? Ah ja, nicht schlafen! Passt! Nehm ich!
Immer öfter nehme ich aber die Ausfahrt «Vertrauen». Ich bin zwar noch immer nicht ganz da, wo ich hin möchte – aber ich befinde mich auf der Zielgeraden. Verändert. Reicher. Stärker. Verletzlicher. Demütiger. Und ich umarme das Leben wieder.
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Allen, die unter dieser grässlichen Thematik leiden, möchte ich sagen: Es gibt einen Weg da raus. Auch nach jahrelangem Leiden. Wenn etwas chronisch wird heisst es nicht, dass es nicht heilbar ist. Es gilt bloss, neben der ursprünglichen Ursache zusätzlich die Angst, künftig wieder nicht schlafen zu können, als auch die Erinnerung daran, dass es in der Vergangenheit nicht geklappt hat, zu transformieren. Das alles ist möglich.
Ich wünschte, ich könnte Betroffenen ein einfaches Rezept mitgeben. Eine Anleitung, wie sie vorgehen müssen, um ihre Schlaflosigkeit möglichst schnell hinter sich zu lassen. Leider gibt es kein Allerweltsmittel, kein bei allen wirksames therapeutisches Vorgehen. Die Lösung ist individuell. Aber es gibt sie, für jede einzelne Person.
Falls du als Betroffene:r wissen möchtest, welche Methoden mir am meisten geholfen haben, melde dich gerne.
Wenn ich dir etwas raten müsste:
Die Lösung ist nicht irgendwo da draussen, sondern in dir drin.
Gehe deinen eigenen Weg. Höre dabei auf deine Intuition. Nur du allein weisst, was/wer richtig für dich ist. Und wisse: Wenn du die «dark night of the soul» durchschritten hast, wird es dir besser gehen als je zuvor.
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